Zu teuer – Sie sind raus!
“Sie waren zu teuer“ oder „Ihr Preis war zu hoch.“ Diesen Satz kennen Sie sicher, wenn Sie im Vertrieb unterwegs sind und wieder einmal ein Auftrag nicht gewonnen werden konnte. Und dann? Die meisten Verkäufer geben sich damit zufrieden, anstatt diese Aussage gründlich und analytisch zu hinterfragen. Denn selbst bei größeren gescheiterten Projekten mit längerem Sales Cycle wendet man sich lieber neuen, erfolgversprechenden Projekten zu, denn „zu teuer“ ist doch eine plausible Erklärung, die einfach und schnell zu Hand ist und das Scheitern ausreichend erklärt.
Aus Sicht des Vertrieblers mag diese Erklärung ausreichen, wenn der Auftrag weg ist. Denn seine ganze Arbeit, die er in das Projekt gesteckt hat, war umsonst. Und da er auch keinen tatsächlichen Einfluss auf den „letzten Preis“ nehmen konnte, da dieser im schlimmsten Fall „von oben“ diktiert wurde, hatte er auch keinen Handlungsspielraum. Ganz schön bequem…
Und für den Kunden ist es ebenfalls bequem, denn mit so einer Aussage muss er sich und die Gründe für die Absage nicht weiter erklären, mit einem lapidaren Satz ist der Fall für ihn erledigt. Der Aufwand, der dahintersteckte, ist für ihn nicht sichtbar – und meistens ist es ihm auch egal. „Zu teuer“ schafft schnell Fakten und ein Ende einer möglicherweise unangenehmen Diskussion.
Nacharbeiten im Vertriebsmanagement
Jetzt ist ein verantwortliches Vertriebsmanagement gefragt, das sich nach dem Auftragsverlust Gedanken macht, woran es nun wirklich gescheitert ist. Denn es gibt bestimmt noch andere, nicht-monetäre Gründe, die zum negativen Ausschlag beigetragen oder diesen begünstigt haben. Hatten wir beispielsweise tatsächlich Zugang zu allen relevanten Entscheidern und haben diese auch erfolgreich ins Boot holen können? Oder waren wirklich alle relevanten Parameter für die Kaufentscheidung des Kunden bekannt? Oder war die Bedeutung dieses Projektes im eigenen Haus allen bekannt und wurde entsprechend gehandelt? War die finale Präsentation nicht ansprechend oder nicht ausreichend passend zu den tatsächlichen Bedürfnissen des Kunden?
Aber der Vertriebsmitarbeiter wird wohl nie erfahren, was beim Kunden letztendlich den Ausschlag für den Mitbewerb gegeben hat, weil der Kunde nicht preisgeben wird, welche Beweggründe er tatsächlich hatte. Viel zu oft wird ja ein weiteres Angebot nur benötigt, um noch mehr Druck auf den bestehenden Lieferanten ausüben zu können, ohne dass tatsächlich die Absicht besteht, den Lieferanten zu wechseln. Und mit einem lapidaren „Sie sind zu teuer“ hält er Sie sich effektiv und bequem vom Hals.
Um aber in Zukunft aus solchen Situationen trotzdem einen echten Nutzen ziehen zu können, ist es dringend nötig, diese bequemen Aussagen des Kunden fundiert zu hinterfragen. Alle Kollegen des Vertriebsteams, die an diesem Projekt gearbeitet haben, sollten auch am Analyseprozess beteiligt werden, wenn es zur Aufarbeitung kommt, warum der Auftrag nicht zustande gekommen ist.
Wirklich verstehen und hinterfragen
Der Kunde wird verstehen, warum wir die Gründe seiner Absage verstehen und hinterfragen wollen. Am besten und effektivsten ist es, wenn die Gründe der Absage auf Managementebene hinterfragt werden. Denn es geht nicht darum, jemandem Recht oder Unrecht zuzuweisen, sondern darum, aus der vergangenen Situation zu lernen und es in Zukunft besser machen zu können. Und der Kunde darf gerne auch merken, dass wir uns nicht mit bequemen Phrasen abspeisen lassen, selbst wenn die Gefahr besteht, dabei die eine oder andere unangenehme Wahrheit zu hören.
Wenn wir auf Platz eins der Auswahl des Kunden gelangen wollen, müssen wir uns entwickeln und dazu hilft uns ein möglichst ungeschminktes Feedback. Wenn die eigene Führung allerdings das lapidare „Ihr Preis war zu hoch“ einfach und folgenlos akzeptiert, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir auch beim nächsten Mal keinen Zuschlag bekommen – schade um die verpasste Chance auf Verbesserung!